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Sonntag, 29. August 2010

KINDERZEIT



Die Redaktion der Wochenzeitung DIE ZEIT hat entschieden, die Besprechungen von Kinder- und Jugendliteratur aus dem Feuilleton zu nehmen und auf die Seite mit dem Titel KINDERZEIT zu verlagern. Die Begründungen leuchten nicht wirklich ein. Weiter unten können die Details dazu und die Reaktionen von Autoren, Illustratoren, Verlagen und Verbänden nachgelesen werden.
Wer die KINDERZEIT anschaut ist ratlos und es stellen sich folgende Fragen: 


Wer bestimmt jetzt den monatlichen Luchs - wo ist die Jury geblieben?
Das wird nicht mehr mitgeteilt in den letzten Ausgaben, so wie das früher üblich und selbstverständlich war.

Warum bekommt man online die "Kinderbuchrezensionen" jetzt gar nicht mehr zu sehen?
(wer kommt schon auf die Idee, in "blogs" danach zu suchen?
Im Ressort Literatur tauchen sie nicht mehr auf, was zur Folge hat, dass auch die diversen Pressespiegel diese Bücher nicht mehr auflisten.

Wo ist der angeblich gewonnene Platz für die Besprechungen der Kinder-und Jugendbücher?

Und warum wird in den "Rezensionen" jetzt nur noch der Plot erzählt? Es handelt sich ganz offensichtlich nicht mehr um Rezensionen, sondern um Buchtipps. 



Eine andere Haltung hat da sie Kollegin Sybille Hein, nachzulesen auf ihrer Blogseite: 
http://www.blog.sybillehein.de/category/unkategorisiert/

Viele andere und ich auch, sind allerdings der Meinunung, dass diese Entscheidung Folgen haben wird. Wo bleiben denn zum Beispiel die Bücher für das Vorschulalter?
Und wo bleiben die Bücher für die Jugendlichen? Beide werden diese Seite entweder noch nicht, oder nicht mehr lesen wollen.
Dankenswerterweise hat Jutta Richter im Namen vieler Autoren und Illustratoren folgenden offenen Brief verfasst und am 17. April an die Redaktion der ZEIT geschickt: www.juttarichter.de/





Sehr geehrter Herr Dr. Esser, sehr geehrter Herr Greiner,
sehr geehrter Herr di Lorenzo,
Umzug hat im Blatt gestanden, aber wir haben die Koffer nicht gepackt.
Umzug hat im Blatt gestanden, aber wir wollen nicht umziehen.
Auch wenn Kinder vor einem Buch stehen, bleibt es doch trotzdem ein Buch, und Bücher gehören ins Feuilleton. Da wohnen sie, da ist ihr Platz, da werden sie besprochen und beachtet.
Da findet der Leser alles, was er über Bücher wissen will.
Und jetzt hat die ZEIT beschlossen, die Kinder- und Jugendliteraturseite in die KinderZEIT umzusiedeln, mit LUCHS und allem was dazugehört.
Warum denn nur, fragen wir?
Da könnte man ja auch die Rubrik Politisches Buch zur Gesellschaft schieben, tut man aber nicht. Es drängt sich also ein Verdacht auf: der Verdacht, Kinderliteratur gehöre auf die Kinderseite, weil die Betonung auf Kinder liegt, nicht auf Literatur, oder? Dagegen jedoch haben wir Jahrzehnte angeschrieben, angezeichnet und angekämpft. Und wir hatten fabelhafte Mitstreiter, ich erinnere nur an die großartigen Kinderbuchrezensionen Wolfdietrich Schnurres in der ZEIT, nachzulesen in seinem Buch „Emil und die Direktiven“.
„Ein Glücksfall für uns, ein Weltbuch für alle“, schrieb Rolf Michaelis einst in einer Kinderbuchrezension. In der KinderZEIT versteckt, wäre das Weltbuch von allen wohl nicht mehr zu finden gewesen. Schade drum!
Dass die Literatur so unteilbar ist wie der Himmel, hat sich doch inzwischen herumgesprochen. In diesem Sinne gibt es keine Kinderliteratur. Es gibt nur gut oder schlecht erzählte Geschichten. Den Beweis dafür versuchen die Rezensenten anzutreten, da wo die Leser ihn suchen, nämlich im Literaturteil einer Wochenzeitung.
Deshalb bitten wir Sie im Namen der Literatur, Ihre Entscheidung, die Kinder- und Jugendbücher aus dem Feuilleton der ZEIT zu vertreiben, rückgängig zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Richter/Paul Maar/Mirjam Pressler/Kirsten Boie/Rotraut Susanne Berner/Christine Nöstlinger
Nikolaus Heidelbach/Jutta Bauer/Klaus Kordon/Peter Härtling/Cornelia Funke/Andreas Steinhöfel
Zoran Dvenkar/Hanna Johansen/Axel Scheffler/Peter Schössow/Bart Moeyaert/Wolf Erlbruch/
Quint Buchholz/Amelie Fried/Binette Schroeder








bevor der Brief von Jutta Richter die ZEIT erreicht hat, erhielt sie folgenden "Antwort-Brief" von Susanna Gaschke: 












Sehr geehrte Frau Richter,

Sie haben, wenn ich richtig informiert bin, einen offenen Brief initiiert, in dem mehrere Kinderbuchautoren die ZEIT inständig bitten, ihre zwölf mal im Jahr erscheinende Kinderbuchseite im Feuilleton zu belassen und sie nicht, wie geplant, in die Nachbarschaft der KinderZEIT umzusiedeln. Nicht einfach so, nein, im „Namen der Literatur“ fordern Sie dies von uns.
Als künftig für die fragliche Seite verantwortliche Redakteurin bewegt mich dieser Aufruf natürlich ganz besonders. Ich würde Sie daher herzlich bitten, diese Mail ebenso freimütig an den Unterzeichnerkreis weiterzugeben, wie Ihr Brief offen ist.
Die Kritik von Autorinnen und Autoren, die, ganz ähnlich wie wir, Kinderliteratur ernst nehmen und dafür kämpfen, dass sie nicht als kleine, mindere Form der Erwachsenenliteratur betrachtet wird, trifft uns hart. Denn eigentlich bemühen wir uns seit vielen Jahren, den wertvollen, den witzigen, den subversiven, den spannenden, den außergewöhnlichen Texten für Kinder Raum und Aufmerksamkeit zu verschaffen. Raum und Aufmerksamkeit, die sie dringend brauchen in einem Meer von zweit- bis drittklassiger Massenware, die allzu oft die Marketingmacht auf ihrer Seite hat.
Im Ernst: Welche Zeitung in Deutschland hat einen Kinder- und Jugendbuchpreis wie den Luchs? Welche Zeitung in Deutschland verhandelt Themen der Kinderliteratur als Leitartikel auf Seite eins? Wenn Sie unsere beiden Kinderbuch-Editionen betrachten, werden Sie feststellen, wie sehr wir uns bemüht haben, Gutes und Besonderes gegen die Kurzatmigkeit im Verlagsgeschäft zu verteidigen. Wenn Sie gelegentlich einen Blick auf unsere Kinderseite werfen, werden Sie sehen, wie sehr wir dort um hohe journalistische Standards ringen, die jeder Artikel für Erwachsene ebenfalls erfüllen sollte: saubere Recherche, klare Trennung der journalistischen Formen, sprachliche Präszision – und (hoffentlich) nie die denkfaule Flucht in die Ambivalenz zu Lasten des Lesers.
Mit den Kinder- und Jugendbüchern haben wir nun in der Tat etwas Neues vor – ist es unvorstellbar, dass es etwas Gutes sein könnte? Die neue Kinder- und Jugendbuchseite auf der Rückseite des Wissens-Buches steht promineter da als ihre Vorgängerin im Feuilleton. Sie wird regelmäßig mehr Platz bieten, als bisher vorhanden war – auch für Autorenporträts, Interviews und natürlich Illustrationen. In der Nachbarschaft der Kinderseite besteht allerdings in der Tat die Gefahr, dass sich neben Eltern, Lehrern und Literaturinteressierten auch Angehörige der Zielgruppe – Kinder! – zu diesen Texten verirren.
Das freilich stellt aus unserer Sicht nun wirklich keine Abwertung der rezensierten Bücher dar; es ist allein eine (allerdings hohe) Anforderung an die schreiberische Kompetenz und Kunstfertigkeit der Rezensenten: von ihnen wird verlangt, mitunter so zu schreiben, dass ein aufgewecktes und begeistertes Kind Lust bekommt, sich mit einem bestimmten Buch auseinanderzusetzen.
Sicher birgt dieser Versuch Risiken: Wird es möglich sein, alle Komplexitäten und Subtilitäten anspruchsvoller Kinder- und Jugendliteratur auszuleuchten, auch wenn junge Leser zugegen sein könnten? Das werden wir ausprobieren müssen. Die Beiträge einiger Kisch-Preis-Träger zum Beispiel zu unserer aktuellen Kinderfilm-Edition stimmen uns da recht hoffnungsvoll.
Und wir hoffen sehr, dass Sie vielleicht Ihre Haltung zu unserem neuen Konzept noch einmal überdenken. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen, das wir auch gern persönlich angefangen hätten. Und wir wollen nicht glauben, dass Sie den Versuch, unsere wie Ihre jungen Leser in ein Gespräch über Literatur einzubeziehen, ernsthaft für böse halten möchten.

Mit herzlichen Grüßen,
Susanne gaschke



und hier der Antwortbrief aus der Chefredaktion vom 20. April 2010




Sehr geehrte Frau Richter, sehr geehrte Autorinnen und Autoren,

mit einiger Bestürzung habe ich Ihren Brief gelesen, denn es ist ganz bestimmt nicht unsere Absicht, den Stellenwert des Kinder- und Jugendbuchs zu schwächen. Ganz im Gegenteil! Ich habe mich deshalb auch gefragt, ob nun ausgerechnet die ZEIT, die schon so viel auf diesem Gebiet getan hat, der richtige Adressat für Ihre Warnung vor einer Abwertung ist. Meine Kollegin Susanne Gaschke, die mein vollstes Vertrauen genießt, hat Ihnen bereits vor Tagen ausführlich geantwortet, und ich muss gestehen, dass ich ihren Worten wenig hinzuzufügen habe. Sie finden ihr Schreiben noch einmal in der Anlage.

Mit der Bitte um Nachsicht grüßt Sie herzlich, auch im Namen von Rainer Esser,

Ihr
Giovanni di Lorenzo


Die folgenden Beiträge stammen von der online-Redaktion des Börsenblattes für denDeutschenBuchhandel (http://www.boersenblatt.net/template/bb_tpl_home/):




© Petra Gass

21.04.2010Offener Brief an "Die Zeit"

"Das Kinder- und Jugendbuch gehört ins Feuilleton!"

Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) hat sich in einem Offenen Brief an die Wochenzeitung "Die Zeit" gewandt. Grund ist die Ankündigung der "Zeit", dass das Kinder- und Jugendbuch und der Kritikerpreis Luchs nicht mehr im Feuilleton sondern von nun an in der Nachbarschaft der KinderZEIT stattfinden werden. Hier der Offene Brief:
"Es ist kein Sturm im Wasserglas, es ist kein Strohfeuer, es ist keine kurzfristige Aufregung, es ist auch keine Anmaßung - es ist eine ernste Sorge über den bemerkenswerten Tatbestand, dass die mit Abstand führende, weithin geschätzte, viel gelesene und meinungsbildende Wochenzeitung dieses Landes, DIE ZEIT, in einer lapidaren Mitteilung in der Ausgabe vom 8. April verkündet, das Kinder- und Jugendbuch und der Kritikerpreis LUCHS werden im Feuilleton nicht mehr stattfinden, sondern von nun an in der Nachbarschaft der KinderZEIT. Eine freie Zeitung wie DIE ZEIT kann selbstverständlich tun und lassen, was ihr beliebt - nur ebenso selbstverständlich nehmen wir uns das Recht, dazu eine Meinung zu äußern. Dass DIE ZEIT eine KinderZEIT eingeführt hat, ist eine gut nachvollziehbare Maßnahme, um den jungen Mitgliedern derjenigen Familien, in denen DIE ZEIT gelesen wird, auch etwas Eigenes zu bieten. In einem solchen Teil kommt natürlich auch Literatur für Kinder vor, und das ist gut so. Das zu kritisieren gibt es keinen Grund.
Im Feuilleton wird üblicherweise über Literatur und über Bücher geschrieben. Genau das aber wird Kinder gar nicht und Jugendliche nur sehr begrenzt ansprechen. Dieselben Personen, die sich für Belletristik und Sachbuch interessieren und solche Bücher für sich selbst einkaufen, sind auch die Käufer von Kinder- und Jugendbüchern. Etwa 95% aller Kinder- und Jugendbücher werden von Erwachsenen gekauft. Jeder Buchhändler, jeder Verleger, jeder Autor freut sich, wenn die jungen Leser selbst in die Buchhandlung gehen und ihr Taschengeld oder Gespartes oder Geldgeschenk in Bücher umtauschen. In der Realität des Buchmarkts spielt dieses erfreuliche Phänomen jedoch nur eine winzige Rolle, denn die große Masse der Kinder und Jugendlichen, auch die aus bildungsintensiven Schichten, "kaufen" selbst nur Medien, die für sie de facto gratis sind: Fernsehen, Internet und die öffentliche Bibliothek.

Wir erlauben uns diesen Hinweis auf das Bücherkaufen nicht deshalb, weil es uns vordergründig um das Geschäft geht (das zu befördern sie zu Recht nicht als Ihr Anliegen verstehen werden), sondern weil die Lektüre des Feuilletons ja zum Lesen der Bücher anregen und die Lektüre der Bücher selbst nicht etwa ersetzen soll (in der Regel ist der Erwerb eines Buches die Voraussetzung für dessen Lektüre). Das ist einer von vielen Gründen, warum eine Kinderseite nicht der richtige Ort für Literaturkritik ist - mal abgesehen davon, dass höchst zweifelhaft ist, ob sich ein einziger Jugendlicher im Kinderteil seine Lektüreempfehlungen holen wird.
Einen anderen Grund hat Jutta Richter in ihrem (inzwischen von vielen namhaften Autoren unterzeichneten) offenen Brief vom 17. April eindringlich und klar zusammengefasst: wie und warum die Literatur für Kinder und Jugendliche ein Teil der Literatur und nicht ein Teil der Didaktik ist. Wir unterstützen diesen Brief ausdrücklich. Der Vorstand der avj hat seine Mitglieder gebeten, sich explizit der Bitte anzuschließen, den Umzug in die KinderZEIT rückgängig zu machen. Bis zum heutigen Tag haben sich die unten angeführten Verlage diesem Appell angeschlossen:"
Annette Betz Verlag
Aufbau Verlag
Bajazzo Verlag
Baumhaus Verlag
Beltz & Gelberg
Bibliographisches Institut
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher
bohem press
Boje Verlag
Carl Hanser Verlag
Carlsen Verlag
cbj Verlag
cbt Verlag
Cecilie Dressler Verlag
Coppenrath Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag
Dorling Kindersley Verlag
edition zweihorn
Ellermann Verlag
Esslinger Verlag
Fischer Schatzinsel
Franckh-Kosmos Verlag
Gerstenberg Verlag
headroom sound production
Hörcompany
Karl-May-Verlag
Klett Kinderbuch
Klopp im Ellermann Verlag
Lappan Verlag
Loewe Verlag
Menschenkinder Verlag
Michael Neugebauer Edition
Oetinger Media
Oetinger Taschenbuch
Patmos-Verlagsgruppe
Peter Hammer Verlag
Ravensburger Buchverlag
SCM Verlag R. Brockhaus
Terzio Möllers & Bellinghausen Verlag
Thienemann Verlag
Titania Verlag
Tulipan Verlag
Velber Verlag
Verlag Carl Ueberreuter
Verlag Freies Geistesleben
Verlag Friedrich Oetinger
Verlag Jungbrunnen
Verlag Urachhaus
Verlagshaus Jacoby & Stuart





26.04.2010Kinderliteratur soll aus dem Feuilleton

Weiterhin Unverständnis für die "Zeit"-Entscheidung

Die Entscheidung der "Zeit", Jugendbuchbesprechungen vom Feuilleton in die "Kinder-Zeit" zu verschieben, sorgt weiter für Entrüstung. Nach der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) und dem Arbeitskreis für Jugendliteratur (AKJ) haben nun auch Institute und Bibliotheken ihr Unverständnis über die Maßnahme in einem offenen Brief formuliert.

"Damit spricht die führende deutsche Wochenzeitung der Kinder- und Jugendliteratur ihre Eignung für das Feuilleton ab", halten die Unterzeichner fest. Im einzelnen sind dies die Arbeitsstelle für Leseforschung und Kinder- und Jugendmedien (ALEKI) der Universität Köln, das Bilderbuchmuseum Troisdorf, das Institut für Jugendbuchforschung, Goethe-Universität in Frankfurt am Main, die Internationale Jugendbibliothek in München, die Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin und die initiative LesArt Berlin.
In dem offenen Brief loben die Unterzeichner, dass die "Zeit" dazu beigetragen habe, "dass Kinderbücher
aus der pädagogischen Enge befreit und als das wahrgenommen werden, was sie an erster
Stelle sind: Literatur. Und die gehört ins Feuilleton. Warum jetzt der Rückzug?"





© Nicole Hoehne

28.04.2010Rezensionen in der "Zeit"

"Mehr Platz für Jugendbücher"

In der Debatte um die Entscheidung der "Zeit", Kinder-und Jugendbuchbesprechungen künftig nicht mehr im Feuilleton, sondern in der "KinderZeit" zu platzieren, hat "Zeit"-Pressesprecherin Silvie Rundel nun Stellung genommen.
"Durch die Verlagerung können wir Kinder- und Jugendbüchern mehr Platz und mehr Aufmerksamkeit verschaffen", sagte sie auf Anfrage des Börsenblatts.
"Keine Zeitung hat in den letzten Jahren den Kinder- und Jugendbuchbereich so ausgebaut wie 'Die Zeit'", führte Rundel aus. "Diese Bemühungen möchten wir künftig noch verstärken. Durch die Verlagerung können wir Kinder- und Jugendbüchern mehr Platz und mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Das müsste doch eigentlich im Sinne der Autoren und Verlage sein. Im Sinne der Leser ist es auf jeden Fall." 
Rundel zufolge sollen die Rezensionen in der "KinderZeit" klar und und verständlich geschrieben sein, sodass sowohl Kinder als auch Eltern mit den Besprechungen etwas anfangen können. Zum ersten Mal seien die Kinder- und Jugendbücher in der "KinderZeit" vom 20. Mai zu finden.
Jugendliteratur: Verrückte Werte

So hatte sich "Die Zeit" das nicht vorgestellt: Sie will Kinderbuch-Besprechungen vom Feuilleton in den Kinderteil verschieben, und ein Aufschrei geht durchs Land. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck.
Aber "Die Zeit" ist eben nicht irgend eine Zeitung, sondern hat Maßstäbe gesetzt: Als die wissenschaftliche Betrachtung von Jugendliteratur noch allgemein belächelt wurde, hat sie sie ernst genommen. Nöstlinger neben Grass – so was merkt man sich. Positiv. Daneben gibt es selbstredend große Ängste der Verleger, die Käufer nicht mehr zu erreichen, auch das verständlich.
Derzeit sind alle verunsichert: Können Texte wirklich so geschrieben sein, dass sie Kinder und Eltern zugleich ansprechen? Wie stellt man Bilderbücher vor, damit sich Dreijährige darauf freuen und Erwachsenen die bildkünstlerischen Finessen nahegebracht werden? Fragen über Fragen. Wir warten ab. Die "Zeit" wird uns am 20. Mai die Quadratur des Kreises zeigen.





Edmund JacobyEdmund Jacoby© Dirk Hasskarl

20.05.2010Kinder- und Jugendbuch

Ideologische Scheuklappen bei der "Zeit"

Die "Zeit" hat Kinder- und Jugendbücher aus dem Feuilleton verbannt. Aber warum nur, fragt Edmund Jacoby, Verleger von Jacoby & Stuart in Berlin.
Ein Buch, das in der "Zeit" positiv rezensiert wird, hat gute Chancen, auch in den überregionalen Tageszeitungen empfohlen zu werden; die Provinzpresse und die elektronischen Medien ziehen dann erfahrungsgemäß nach, und das Buch hat Erfolg, selbst wenn es schwere Kost ist. Es gibt also kaum etwas Besseres für die Karriere eines Buchs, als dass es in der "Zeit" besprochen wird.
Das galt bisher auch immer für Kinder- und Jugendbücher. Und weil "Die Zeit" eine solche Bedeutung für die Verbreitung guter Kinder- und Jugendbücher hat(te), war der Aufschrei in der Kinder- und Jugendbuchszene groß, als "Die Zeit" kürzlich ankündigte, Kinder- und Jugendbücher künftig nicht mehr im Feuilleton besprechen zu wollen, sondern im Zusammenhang mit der erst kürzlich ins Leben gerufenen Seite "Kinder-Zeit". Autoren und Illustratorinnen schrieben empört an "Die Zeit", und auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (AvJ) verfasste einen offenen Brief.
Am 12. Mai ist nun die erste Besprechungsseite für Kinder- und Jugendliteratur im neuen Kontext erschienen. Auf der vorletzten Seite des Teils der "Zeit", ansonsten für die Rubrik "Wissen" da, ist die "Kinder-Zeit" platziert, und die folgende Seite heißt "Kinder- & Jugendbuch"; sie präsentiert unter anderem den Luchs des Monats Mai. Für Kinder sind die Rezensionen nicht geschrieben, und Jugendliche, so sie denn in der "Zeit" lesen, werden sie nicht lesen, weil sie natürlich einen weiten Bogen um die "Kinder-Zeit" machen. Macht nichts, denn überhaupt niemand, der nicht gezielt nach ihr sucht, wird auf diese Seite stoßen, und demjenigen, der sie aus Versehen aufblättert, wird deutlich gemacht, dass es hier um nichts Wichtiges geht. Denn Kultur wird im Feuilleton abgehandelt.
Es ist schwer nachzuvollziehen, was "Die Zeit"-Verantwortlichen bewogen hat, die Kinder- und Jugendbücher so weit hintanzusetzen. Mit ziemlicher Sicherheit haben wir es diesmal nicht – wie bei den meisten buchkulturellen Ärgernissen unserer Tage – mit einem Sieg der Marketingabteilung über die Kreativen zu tun. Denn der Vertrieb der "Zeit" weiß bestimmt, dass viele unter den jüngeren Abonnentinnen aus den kinderfreundlichen gebildeten Milieus stammen und großen Wert auf angemessene Lektüre für ihre Kleinen legen.
Es handelt sich auch um keine Einsparmaßnahme, denn es gibt nicht weniger Platz für das Kinder- und Jugendbuch. Man kann sich auch nicht vorstellen, dass irgendeine Fraktion in der Redaktion von der Abwertung des Kinderbuchs einen Vorteil hätte. Bleiben als Erklärung nur ideologische Scheuklappen, die verhindern, dass auch Kinderliteratur als Literatur wahrgenommen wird, deren Besprechung selbstverständlich ins Feuilleton gehört.
Denn wo sonst außer im Kinderbuch wird denn noch die Kunst der Buchgestaltung und der künstlerischen Buchillustration gepflegt? Was lesen die Leute denn wirklich massenhaft, wenn nicht eigentlich für Jugendliche geschriebene "All age"-Schmöker, und könnten sie nicht auch Gründe dafür haben?
Hat im 20. Jahrhundert irgendein anderer Roman so nachhaltig gewirkt wie "Pippi Langstrumpf"? Waren die für Erwachsene geschriebenen Bücher von Erich Kästner vielleicht besser als seine Kinderromane? Ist der "Werther" etwa kein Jugendbuch? Und überhaupt: Kann uns jemand erklären, warum Martin Walser einen besseren Stil schreibt oder mehr zu erzählen hat als, sagen wir, ein Paul Maar?
Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als dass auch in der »Zeit« Leute arbeiten, die solche Fragen stellen




© Nicole Hoehne

28.05.2010Verärgerung wegen der Verlagerung des Preises

"Luchs"-Jury tritt zurück

Nach dem Rückzug der Schriftstellerin Julia Franck am 5. Mai aus der Jury des Kinder- und Jugendliteraturpreises "Luchs" von "Zeit" und Radio Bremen haben nun auch die Jury-Mitglieder Marion Gerhard,  Franz Lettner und Hilde Elisabeth Menzel ihren Rücktritt  aus der Jury erklärt.
Damit verbleibt nur noch "Zeit"-Redakteurin Susanne Gaschke als Jury-Mitglied.
Das Verlagern des Kinder- und Jugendliteraturpreises aus dem Feuilleton in die KinderZEIThabe zu konzeptuellen und qualitativen Veränderungen geführt, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen, so Jury-Mitglied Hilde Elisabeth Menzel. Die Ankündigung, es gebe mehr Platz für die Kinderliteratur, sei nicht umgesetzt worden. Auch verrate die Lauditio zum letzten ausgezeichneten Werk nichts über die literarische Qualitiät des Buchs und inspiriere auch nicht die Zielgruppe der jungen Erwachsenen, die zudem gar nicht die KinderZEIT läsen. Da eine Veränderung nicht zu erwarten sei, habe die Jury nur die Möglichkeit zum Rückzug gesehen.





















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