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Montag, 6. Juli 2020

Von Bienen und Glühwürmchen





Das Projekt war schon viele Jahre alt: Blumenkästen vor den drei Fenstern meiner Erdgeschosswohnung in München sollten Bienen und Insekten einladen und meiner ziemlich baumlosen Straße mehr natürliche Schönheit verleihen. Vielleicht, so dachte ich, kann ich auch ein paar Nachbarn anstecken, das Gleiche zu tun. Darüberhinaus waren jahrelang alle Versuche gescheitert, ein kleines Gartengrundstück zu pachten. Diese drei winzigen „Beete“ wären doch immerhin besser als gar nichts, so dachte ich. Dann vergingen die Jahre – immer gab es Wichtigeres, auch der Schreiner hatte viel zu viel zu tun, ich sowieso, und dann war immer plötzlich der Sommer da, und zum Säen und Pflanzen war es zu spät.
Aber jetzt ging alles ganz schnell: der Schreiner hatte Zeit, ich habe in 5 Minuten die Fenstersimse ausgemessen, das Gartencenter lieferte mir Erde und Stauden und Trennvliese und alles weitere, was man so braucht. Und die Wartezeit auf die Lieferung - und die Vorfreude - nutzte ich zum Fensterputzen. Niemals in den vergangenen 10 Jahren habe ich so viele Nachbarn getroffen und kennengelernt, wie jetzt auf meiner Fensterbank mit Schürze und Putzeimer. Viele blieben stehen und erkundigten sich nach meinem Wohlergehen, manche lächelten mich nur an, manche hielten mich von der Arbeit ab. Freunde, die ich jahrelang nicht gesehen hatte, radelten vorbei und wir tranken eine Tasse Kaffee zusammen. Alles natürlich in gebührendem Abstand. Nach drei Tagen lieferte der Schreiner die schönen Holzkästen und ich konnte endlich die Pflanzen einsetzen. Jetzt, wo ich den ganzen Sommer zuhause sein werde, muss ich mich nicht ums Gießen sorgen, ich kann beobachten, ob und wie alles wächst, und ob sich im Intranet der Insektenwelt verbreitet, dass es bei mir etwas zu naschen gibt. Eine Nachbarin hat mich vor Blumendieben gewarnt, ich fürchte mich mehr vor denen, die meine Blumenkästen als Hundetüten-und Kippenabfalleimer benützen könnten. Manchmal denke ich daran, wenn ich in diesen oft schlaflosen Nächten im Stundentakt die Nachttischlampe anknipse, um einen Blick auf die Uhr zu werfen. Dann stehe ich auf und blicke auf die dunkle menschenleere Straße und sehe auch in anderen Fenstern unregelmäßige Lichtzeichen: Nachttischlampen die an- und ausgeknipst werden: Signale wie von liebeshungrigen Glühwürmchen ins dunkle Weltall.
Und wie meine Blumenkästen jetzt nach 10 Wochen, im Juli aussehen, kann man hier betrachten: 


Kapuzinerkresse, Ringelblumen, Jungfer im Grünen, Wiesenstorchschnabel, Katzenminze, Lavendel, Schönaster, Wicken, Salbei.